In der März Ausgabe des ECLIPSEDRockmagazin war ein schönes Feature über DAWNATION. Hier das vollständige Interview. Die Fragen stellte Walter Sehrer.
Eclipsed: Wie kam es zur Gründung von Dawnation und woher kommt der Bandname?
Bert: Wir haben uns 2017 gegründet. Jan (Voc), Christoph (Git) und Bert (Keys) spielten von 1998 bis 2005 in einer Band namens „GLISTENING DAWN“, in der wir ähnliche Musik machten und auch einen Longtrack auf dem 2007 erschienenem Spocks Beard Fanclub Sampler platzieren durften. Leider war dann zwölf Jahre Pause und mit Robert (bass) und Clemens (Drums) konnten wir musikalisch neu starten und „DAWNATION“ war der perfekte Name, der gleichzeitig unsere Wurzel als auch den neuen Anfang beschreibt.
E: Musikalisch macht ihr einen Mix aus Artrock, Prog und klassischem AOR bis hin zum Alternative-Rock. Ihr selbst definiert euren Stil ja als pOstpRock. Erklärt das doch bitte mal? Da spielt ja eure Herkunft aus Mecklenburg-Vorpommern eine große Rolle…
Bert: Wir lieben Wortspiele und genau wie „DAWNATION“ ist „pOstpRock“ so ein Wortspiel. Post Prog war die Ursprungsidee und dann kam der Rest, eher augenzwinkernd gemeint, um eine eigene „Schublade“ zu (er)finden. Das „Ost“ ist uns insofern wichtig, dass wir zeigen wollen, dass anspruchsvolle Prog/Rockmusik auch im Osten gemacht wurde und wird. Lustigerweise kommt unser Sänger Jan Mecklenburg(!) gar nicht aus dem Osten, sondern aus dem Emsland 🙂
E: Was war musikalisch der Ansatz für das Debüt? Der Opener tönt ja noch nach knackigem Classic Hard Rock, dann entwickelt ihr euch aber deutlich in progressivere Gefilde, immer mit dem Fokus auf Songdienlichkeit und Melodienhandwerk mit interessanten Wendungen, zudem ein reichhaltiger, immer dynamischer und gut produzierter Sound.
Bert: Vielen Dank, besser hätten wir unseren Stil und das Album nicht beschreiben können :-). Der Opener „Don´t Bother Me“ ist komplett aus einem Demo unseres Gitarristen Christoph entstanden. Textlich fanden wir ihn perfekt als Opener, der thematisch das Album zusammenfasst. Die folgenden Songs sind Gemeinschaftskompositionen, teilweise aus Fragmenten aus der „Glistening Dawn“ Zeit, teilweise 2017 komplett neu entstanden. Songdienlichkeit und gute Melodien stehen bei uns immer im Hauptfokus.
E: Der Titelsong und „Far Away“ sind zehnminütige große Epen mit großen Dynamiken wie im Prog, aber durchaus im Sound auch gut goutierbar für „normale“ Classic- und Hardrock-Hörer… bewusst so gesetzt, zeichnet euch das aus?
Bert: Genau so sehen wir es, es geht uns nie darum, möglichst lange oder komplizierte Musik zu schreiben. Wenn’s dann mal „proggig“ wird, ist das vollkommen ok, aber nicht zum Selbstzweck. Jede Idee soll seine Zeit bekommen, egal ob 3- oder 10 Minuten. Ziel ist der Ohrwurm oder auch gern die Hymne. Und ja, natürlich der gute Sound.
E: Im eindrucksvollen Instrumentalteil von „The Hypocrite“ nähert ihr euch dem Symphonic-Metal oder Prog-Metal an…
Bert: Natürlich haben wir unsere musikalischen Helden, deren Handschriften wir gerne benutzen und zitieren. Im Instrumentalteil von „The Hypocrite“ mischen wir ein wenig King Crimson und Metallica. Das ist zufällig so passiert, wir fanden es aber sehr fein.
Thematisch geht’s ja offenbar um so einiges: wer oder was ist „The Mad Behind“, wer „The Hypocrite“?
Jan: „The Mad Behind“ ist der Wahnsinnige oder der Wahnsinn dahinter, hinter allem, der dem Protagonisten das Leben schwer macht und ihn letztendlich zum Aussteiger werden lässt. „The Hypocrite“ war ursprünglich auf deutsch und hieß „Blaulackierter Faschist“ (die Version ist als digitaler Bonustrack auf Bandcamp zu bekommen), hier gehts um Faschismus, der unter dem Deckmantel angeblich demokratischer Parteien und Organisationen offen ausgelebt wird und dem es sich entgegenzustellen gilt.
E: Gesellschaftspolitische Themen sind etwa die Trump-Ära/der Faschismus, vielleicht auch der aktuelle Populismus: was ist euch da vielleicht auch gerade als Ostband besonders wichtig?
Bert: Wir sind keine politische Band, scheuen uns jedoch nicht, Themen direkt anzusprechen oder im Falle unseres Single-Songs „Mr.Trumpet“ satirisch zu besingen. Zumal ich Bands wie „Midnight Oil“ bewundere, die Haltung zeigen und Missstände anprangern.
Jan: In Zeiten von wachsendem Populismus und immer neu aufkeimenden Verschwörungstheorien zeigt sich ja, wie schnell rechte Strömungen zu gefährlichem Mitläufertum führen und vor allem in Ostgegenden auf fruchtbaren Boden stoßen. Dem wollen wir – gerade als Band aus dem Osten – etwas entgegensetzen.
E: Welche anderen Themen werft ihr in den Songs noch auf?
Jan: Auf dem Album sind es z.b. Tablettenmissbrauch (Cheap Pills) oder eine Hommage an die eigenen Kinder (Lovely Child). Derzeit arbeiten wir an neuem Songmaterial, da geht es um Lockdown Blues und verdrehte Gedanken und ums Fliegen. Wir sind da sehr offen und freuen uns schon auf die neuen Sachen, die wir hoffentlich Ende des Jahres schon als EP oder LP rausbringen wollen.